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Lösung zum Nature Retreat 2023

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Lösung von Stephanie & Martin:


Doch was geschah wirklich?

Durch die Chronistin Katja Clos sind nur recht kurze Ausschnitte des besagten Tages bekannt. Jetzt soll der Schleier gelüftet und die bislang unerwähnt gebliebenen Minuten des Tages erzählt werden, die die letzten Fragen "Was ist passiert?" und "Wo ist Til?" klären werden.

Gemeinschaftsraum - 9:12 Uhr
Elfie blickte von ihren Frühstücksflocken auf und schüttelte den Kopf. Nicht im Ernst! Nur weil dieses Püppchen Kerstin Bock ein paar Fragen zu alten Kräutern gestellt hatte und die Anderen ihr Desinteresse offenbar nicht schnell und lautstark genug bekundet hatten, hatte sich die Kursleiterin flugs ein Flipchart geschnappt und setzte gerade zu einem ausschweifenden Vortrag über Hexenkräuter und deren Verwendungsmöglichkeiten an. Immer diese Übermotivierten... Aber offenbar hatten sich da zwei gefunden: Kerstin hatte ebenfalls schnell ein in Leder gebundenes Notizbuch aus ihrer Tasche gezaubert und machte sich fleißig Notizen mit einem vergoldeten Kugelschreiber.
Die hat's ja dicke, dachte sich Elfie. Und sie selbst? Zuhause warteten unbezahlte Rechnungen auf ihre Wiederkehr; kein Geld um sich gescheite Schuhe für ein Nature Retreat zu kaufen; und Til, der Gitarrist und Leadsänger der Dorfband, in der sie spielte, hatte ihr schon so viel Geld auf "Freundschaftsbasis" gepumpt, dass sie einfach nicht Neinsagen konnte, als er vor ein paar Tagen gefragt hatte, ob sie nicht mit zu einem Nature Retreat kommen wolle. Frische Luft schnappen. Neue Energie tanken. Mal raus aus der schäbigen Bude. Von wegen! Eine Freundin hatte ihr vor ein paar Wochen gesteckt, dass er heimlich auf sie stand. Die Absicht hinter dieser "Einladung" war also klar. Und die kleinen Andeutungen, die er gestern während der gemeinsamen Herfahrt im Auto sich nicht hatte verkneifen können, sprachen Bände. Aus diesem Grund war sie sehr froh gewesen, als die Kursleiterin heute morgen die vielfältigen Beschäftigungsmöglichkeiten vorgestellt und noch mal eindrücklich auf "Stille" und "Einsamkeit" hingewiesen hatte. Gott sei Dank! Sie würde also Til den Großteil des Tages aus dem Weg gehen können... Hoffentlich.
Das Müsli war leer gelöffelt. Es war 20 nach neun. Noch mehr als eine Stunde bis zu ihrem Bachlauf. Die Kursleiterin dozierte noch. Alle Anderen hörten "gespannt" zu. Alle, bis auf... Wo war eigentlich dieser Arne Kess? Schlief der noch? Hätte sie besser auch machen sollen. Elfie blickte gelangweilt im Raum umher. War das nicht eine Yoga-Matte dahinten in der Ecke? Kurzentschlossen stand sie auf, rollte die Matte im hinteren Teil des Gemeinderaumes auf und machte ein paar einfache Stellungen, die man auch mit zerrissenen Jeans problemlos durchführen konnte.

Gemeinschaftsraum - 9:50 Uhr
Eine halbe Stunde später kam im vorderen Teil des Raumes Aufbruchstimmung auf. Til hatte gleich seinen Bachlauf, der andere Mann, Noa Zugenik, sprach vom "Rotbuchen kuscheln" und "Zaunkönig anlocken" und die Kursleiterin rollte den Flipchart-Ständer zur Seite und meinte, sie müsse noch das Moosbett herrichten. Nur Kerstin Bock hatte es wohl nicht eilig. Die beendete ruhig ihre Notizen, schob das Büchlein wieder in die Tasche und ging noch mal zur Thermoskanne beim Buffet. Mit der Tasse in der Hand kam sie zu Elfie geschlendert.
"Na? Frühsport beendet?"
"Und selbst? Schon genug unnützes Wissen für heute zusammengeklaubt?" antwortete Elfie keck und stellte die zusammengerollte Matte wieder in die Ecke.
"Unnütz wohl kaum." Kerstin lächelte hochmütig, doch ihre Augen blitzten kämpferisch. Sie setzte sich an den nächsten Tisch: "Heutzutage kann man alles zu Geld machen. Man muss nur wissen, wie."
Mist. Jetzt hatte sie Elfie am Haken. Doch so schnell wollte sie nicht klein beigeben. Scheinbar gelangweilt antwortete sie: "Achja? Wie will man denn Kräuter und so 'nen Mumpitz zu Geld machen? So was braucht doch kein Mensch!" Sie setzte sich zu Kerstin an den Tisch.
Kerstin lächelte breiter: "Doch neugierig worden, was? Mmm... Für einen kleinen Freundschaftsdienst könnte ich mich breitschlagen lassen aus dem Nähkästchen zu plaudern."
"Freundschaftsdienst?"
"Naja, ein kleiner Gefallen. Ich wäre sogar bereit, noch einen... Finderlohn draufzulegen."
"Worum geht's?"
Kerstin rutschte näher und senkte die Stimme, obwohl niemand im Raum war. "Das ist der Deal: es soll hier in der Gegend ein paar äußerst seltene Vogeleiern geben." Mit einem Griff zog sie ein paar ausgedruckte Fotos aus ihrer Tasche. Verschiedene Arten von Eiern in Nestern waren abgebildet, darunter jeweils der Name der Vogelart. "Du findest mir Eier dieser Art, ich tausche sie gegen einen Finderlohn. Und als kleinen Bonus gibt's heute mein Geheimnis des Geldmachens noch gratis oben drauf. Was sagst du?"
Elfie sah sich die Bilder an. Die Namen darunter sagten ihr gar nichts: Eisvogel, Singschwan, Sturmschwalbe, Kiebitz,... Aber irgendwas war doch nicht ganz koscher an der Sache. Sie zögerte: "Ich glaube, das hätte ich gerne schriftlich. Ich habe da so ein Gefühl, dass ein unterschriebenes Blatt Papier mit einer Zahl darauf mich mehr zu einer Eiersuche motivieren kann als nur das vage Wort einer bis eben Unbekannten."
Kerstin zögerte keinen Moment. Sie zauberte wieder ein Blatt Papier aus der Tasche, schreib mit ihrem glänzenden Kugelschreiber ein paar Zeilen, darunter eine Zahl, unterschrieb das Ganze und reichte es Elfie.
Die besah das Blatt. Die notierte Zahl war zwar nicht besonders hoch, aber für ein bisschen im Wald die Augen offen halten und den einen oder anderen Abstecher was es ein ganz guter Stundenlohn. Zumindest die eine oder andere Rechnung könnte damit beglichen werden... "Einverstanden." Elfie nahm das Blatt und steckte es in die Hosentasche. "Kann ich die Bilder mitnehmen?"
Kerstin nickte und stand auf. "Wenn du etwas finden solltest, warte mit der Übergabe bis heute Abend, wenn wir beim Lagerfeuer sind. Ich werde dir ein Zeichen geben." Sie stand auf. "Leider habe ich jetzt noch ein bisschen was zu erledigen. Viel Glück!" Und mit diesen Worten verschwand sie aus dem Raum.
Elfie blickte auf die Uhr: sechs nach zehn. Til watete wohl gerade im Bach. Bis zu ihrem Bachlauf um elf hatte sie noch etwas Zeit. Ob sie schon mal nach ihrem Baum sehen und dabei eine kleine Runde durch den Wald drehen sollte? Warum nicht! Voller Elan machte sie sich auf den Weg.

Zimmer von Arne Kess - 12:00 Uhr
Das Smartphone klingelte schrill. Arne Kess klappte die Hülle des Smartphones auf, tippte auf Stopp und streckte sich gähnend. Die Anfahrt gestern war doch recht lang gewesen. Gut, die Länge war okay gewesen, aber er war wegen des Trainings erst spät losgekommen. Glücklicherweise war seine erste verbindliche Veranstaltung heute erst um 13 Uhr eingeplant, so hatte er in aller Ruhe ausschlafen können.
Dafür knurrte nun lautstark sein Magen. Schnell schlüpfte er in seine Klamotten und begab sich zum Gemeinschaftsraum. Das Mittagessen war bereits aufgetischt: Salate, Snacks, kalte Sachen. Kein warmes Buffet, da die Teilnehmer zu sehr unterschiedlichen Zeiten essen würden und man hier keine Energieverschwendung betreiben wollte. Arne nickte zufrieden: so würde er zumindest nicht in Versuchung geführt werden mit seiner Kohlenhydrate-Diät zu brechen. Er machte sich den ersten Teller voll und schaute sich nach einem Sitzplatz um.
An einem Tisch in einer Zimmerecke saß dem Aussehen nach eine andere Teilnehmerin, vor ihr ein aufgeklappter Laptop, ein vergoldeter Kugelschreiber und eine Tasse. Arne ging auf sie zu: "Moin!"
Sie blickte kurz auf, runzelte dann die Stirn: "Mittag wäre wohl angebrachter." Sie klappte den Laptop zu. "Und Sie sind?"
"Ich heiße Arne."
"Angenehm." Pause.
Arne setzte sich an den Tisch. "Und? Habe ich was verpasst heute Morgen?" Er begann den Salat in großen Portionen zum Mund zu befördern.
Kerstin sah mit leicht angewidertem Blick zu und nahm einen Schluck aus der Tasse. "Nur eine Runde Yoga. Nichts Besonderes."
"Na, dann ist es ja gut."
Schweigen. Kauen. Weiteres Schweigen. Kerstin hatte ihr Smartphone mit einem Griff aus der Tasche gezogen und tippte darauf herum. Arne unterbrach sein Essen nicht um Fragen zu stellen: "Wann machst du denn dein Mittagsschläfchen?"
"Mittagsschläfchen?"
"Na, diese Moosbett-Aktion. Finde ich ja schon etwas ekelig. So mit Stroh und Heu ist das schon mehr mein Ding. Nach dem Motto Bett im Kornfeld, du weißt schon." Arne zwinkerte.
Kerstin stöhnte innerlich. Spätestens jetzt war der Moment zum Gehen gekommen. Sie blickte demonstrativ auf die goldene Uhr und packte zügig ihre Sachen zusammen: "Gut, dass du mich daran erinnerst: mein Slot beginnt in ein paar Minuten. Und da ich unbedingt noch zuvor meinen Baum besuchen will, muss ich leider, leider auch schon los. Man sieht sich." Und damit rauschte sie aus dem Zimmer.
Arne blickte zur Uhr an der Wand. Zehn nach zwölf. Sooo überstürzt hätte sie nun auch nicht aufbrechen müssen. Naja, Frauen, dachte sich Arne. Er hatte schon häufiger beobachtet, dass Frauen bisweilen fluchtartig woanders hin mussten... meistens direkt nach einem Gespräch mit ihm. Naja, er war ja auch eine interessante Persönlichkeit, mit der man sich einfach verschwatzen konnte. Arne grinste zufrieden.

Gemeinschaftsraum - 13:18 Uhr
Der Bachlauf hatte Noa durstig gemacht. Als er den Gemeinschaftsraum betrat, war dieser nicht leer. Elfie Stetten, wenn er sich nicht täuschte, saß tief versunken an einem Tisch, vor ihr ein wildes Chaos an Schnüren und vorgeknoteten Mustern, die zum Nachahmen einladen sollten. Noa mischte sich eine Apfelsaft-Schorle, ging ans Fenster und blickte auf die Lichtung vorm Haus und den dahinter liegenden Wald. Etwas ratschte.
"Herjee, das wird wohl das teuerste Retreat meines Lebens", hörte er Elfie murmeln.
Noa hob verwundert die Augenbrauen. Merkwürdig. Er hatte sich dieses Retreat extra ausgesucht, weil es mit Abstand das billigste gewesen war. Er hatte zwar keine großen Erwartungen an die Inhalte gehabt, aber - Hauptsache mal wieder raus in die Natur! Und bis jetzt hatte ihn der Tag positiv überrascht.
Noa ging zu Elfies Tisch. "Darf ich mich setzen?"
Elfie seufzte: "Sicher. Vielleicht kannst du mir ja helfen: ich versuche schon die ganze Zeit den Blake-Knoten hinzubekommen."
"Den - was?"
"Blake-Knoten." Elfie zeigte auf ein Knotenmuster auf dem Tisch. "Das ist ein Knoten, der zum Klettern mit Seilen verwendet werden kann. Zum Beispiel, wenn man auf Bäume..." Elfie stockte.
"...klettern will?" ergänzte Noa.
"Jaaa, oder in Höhlen oder Felsen oder so", erwidert Elfie schnell.
"Und was ist das Problem?" Noa schaute sich das Muster an.
"Eigentlich sieht es ja nicht so schwer aus. Aber ich komme irgendwie mit den ganzen Windungen nicht klar, dann verklemmt sich irgendwo was, und wenn ich dann am Zugseil ziehe, reißt es irgendwo." Elfie stöhnte verzweifelt.
Noa setzte sich, nahm ihre Schnüre und verglich den Knoten mit dem Muster. Mit geschickten Händen zerlegte er ihren Knoten und versuchte die Seile wie beim Muster zu führen. Der Ruck am Zugseil bewies: es war ihm auf Anhieb gelungen.
"Wow!" Elfie war beeindruckt. "Kannst du mir das nochmal in ein anderes Seil knoten?"
"Klar", antwortete Noa grinsend. "Eine Dame in Not lässt ein edler Ritter doch nicht im Stich."

Elfie verschwand aus dem Zimmer und kam nach wenigen Minuten mit einer Handvoll Springseilen wieder.
Noa staunte: "Wo hast du die denn her?" Elfie zögerte. "Ähm... Mein... Freund Til hat die mitgenommen... zum Trainieren."
"Dein fester Freund?" Noa lächelte verschmitzt.
Sie lächelte zurück: "Nee, nur ein näherer Bekannter. Wir spielen zusammen in einer Band und sind zusammen hierher gefahren um Sprit zu sparen. Aber sonst haben wir eigentlich nicht viel miteinander zu tun."
Noa hatte die Seile in die Hand genommen und geschickt so miteinander verknotet und mit Schlaufen versehen, dass sie nun einer hängenden Trittleiter glichen. Er gab das Ergebnis Elfie in die Hand. "Hier. Das sollte besser funktionieren als dieser Blake-Knoten. In die Schlaufen kannst du einfach reinsteigen, nachdem das Ganze irgendwo drübergeworfen und fixiert wurde."
Elfie strahlte. "Danke! Wie kann ich mich bei dir revanchieren?"
"Fangen wir doch mal damit an, dass du mir erklärst, warum du vorhin Das wird wohl das teuerste Retreat meines Lebens gemurmelt hast."
"Ach, das hast du gehört?" Elfie blickte verlegen auf ihre Füße.
Noa folgte ihrem Blick. Nanu! Hatte sie die ganze Zeit keine Schuhe angehabt? "Was ist passiert?"
"Ich weiß nicht. Ich kam vom Bachlauf zurück an die Stelle, wo ich meine Schuhe hingestellt hatte... und meine Schuhe waren nicht mehr da. Zumindest dachte ich, es sei die richtige Stelle. Aber sicher bin ich mir nicht. Und jetzt sind sie weg. Und ich habe keine Ersatzschuhe dabei. Und ich hatte doch schon kein Geld um mir passende Schuhe für diesen Ausflug zu kaufen. Und nun muss ich mir zuhause auch noch neue Schuhe kaufen. Und meine Füße sind total zerstochen. Und..." Tränen begannen über ihre Wangen zu laufen.
Noa nahm sie in den Arm. "Na na. Wenn's nur die Schuhe sind, lässt sich da bestimmt was machen." Noa fasste sie an den Schultern und blickte ihr in die Augen. "Ich habe bestimmt noch ein zweites Paar Sandalen dabei, das ich dir leihen kann. Zum Klettern vielleicht etwas unpassend... aber für den Gemeinschaftsraum und ein Moosbett sollte es reichen."
Elfie lächte ihn mit geröteten Augen an. "Das... wäre wirklich toll. Du bist wirklich mein Ritter in der Not."
Noa nahm die Springseile. "Komm mit." Gemeinsam verließen sie den Gemeinschaftsraum und standen kurze Zeit später vor seiner Tür. Er schloss auf und betrat das Zimmer. Sie sah durch den Türspalt: aufgeräumt; der Koffer an der Seite liegend; Bett ordentlich zurückgeschlagen. Noa öffnete den Koffer und brachte ein zweites Paar Sandalen zum Vorschein.
"Hier. Vielleicht ein bisschen zu groß, aber man kann die Riemen noch etwas enger machen. Sollte dann schon passen."
Elfie nahm sie dankbar entgegen, stellte sich auf die Zehnspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Leise flüsterte sie ihm ins Ohr: "Die gebe ich dir heute Abend nach dem Lagerfeuer persönlich wieder."
Noa lächelte. "Ich glaube, du brauchst sie dringender als ich. Nimm sie ruhig mit nach Hause, bist du neue hast. Und ja: auf das Lagerfeuer freue ich mich auch sehr."
Sie trat zur Tür und blickte noch mal zurück: "Wie heißt du eigentlich?"
"Noa - ohne h."
"Noa? Ist das nicht ein Mädchenname?"
Noa seufzte: "Leider haben das meine Eltern erst nach meiner Geburt herausgefunden."
Sie kicherte. Dann verschwand sie im Flur.
Noa schloss die Tür.

Noas Zimmer - 13:56 Uhr
Schnell ging er zum Fenster und sah hinaus. Er brauchte nicht lange warten. Schon nach wenigen Minuten lief Elfie, die Springseile über dem Arm, über die Lichtung und steuerte zielsicher auf einen Trampelpfad in den Wald hinein zu. Noa verließ hastig sein Zimmer, flog über den Flur und beeilte sich ihr in den Wald zu folgen. Er besaß eine gute Menschenkenntnis und etwas hatte ihn stutzig gemacht. Diese zarte Frau, die keinen Knoten zustande bekam, wollte mit Springseilen bewaffnet den Wald stürmen um klettern zu gehen? Wozu? Doch nicht zum Spaß, dessen war er sicher!
Noa betrat den kleinen Pfad, auf dem Elfie kurz zuvor im Wald verschwunden war. Zügig und darauf achtend nicht auf verräterische Zweige zu treten, folgte er dem Pfad tiefer in den Wald, beständig nach Geräuschen von Elfie lauschend. Als er etwas später ein lautes Rascheln und Knacksen in einiger Entfernung abseits des Pfades vernahm und kurz darauf an einem Busch mit vielen abgeknickten Zweigen vorbeikam, verließ er den Pfad und folgte der Spur gebrochener Ästchen und platt getretener Halme. Er wurde langsamer und schlich leise weiter, bis er Elfie hinter einer Wand aus Gestrüpp ächzen hörte. Vorsichtig lugte er durch die Äste.
Auf der anderen Seite stieg Elfie gerade barfuß in die erste Schlaufe. Irgendwie hatte sie es geschafft, die verknoteten Springseile über einen hoch gelegenen Ast zu werfen und das Ende an einer Baumwurzel am Boden zu befestigen. Und nun kletterte sie geschickt die Schlaufen empor. Vielleicht sollte ich auch mit Yoga anfangen, dachte sich Noa.
Elfie hatte einen Ast erreicht, auf dem Noa ein Nest erspähen konnte. Mit Entsetzen beobachtete er, wie Elfie - im Seil hängend - einarmig zwei Eier aus dem Nest fischte, vorsichtig in einer kleinen Umhängetasche verstaute und geschickt wieder hinunterkletterte. Als sie begann das Seil zu lösen, löste sich auch Noa aus seiner Schockstarre, lief den Weg wieder etwas zurück und versteckte sich seitlich in einem Busch. Still wartete er, bis Elfie an ihm vorbei gelaufen war, wartete dann noch ein paar Minuten und ging dann selber den Weg zurück.

Wald - 15:13 Uhr
Noa trottete tief in Gedanken versunken den Trampelpfad entlang. Was wollte Elfie mit den Eiern? Hätte er sie zur Rede stellen sollen? Sollte er der Kursleiterin seine Beobachtungen mitteilen? Sicherlich würde Elfie ihre Gründe gehabt haben, warum sie einem armen Vogelpärchen zwei potentielle Nachkommen entwendet hatte. Aber waren es eigennützige Gründe gewesen? Wollte sie sie vielleicht selbst ausbrüten? Gehörte sie womöglich dem Team eines Vogelparks an? Klettern zumindest konnte sie. Sie schien gewusst zu haben, was sie tat, auch wenn es nur ein improvisiertes Kletterseil gewesen war. Hatte sie also womöglich ehrenwerte Ziele im Sinn gehabt?
Noa kam mit seinem Gedanken zu keinem hilfreichen Schluss. Doch auch der Weg vor ihm wollte irgendwie nicht enden. War er nicht auf diesem Weg hierher gekommen? War er irgendwo falsch abgebogen? Er blieb stehen, besah die Umgebung und lauschte. In der Ferne konnte er Wasser plätschern hören. Das musste der Bach sein, in dem der Bachlauf stattfand. Da er der einzige Bach in diesem Wald war, musste er, wenn er ihm folgte, auch wieder an einer bekannten Stelle ankommen.
Er folgte dem Geräusch des Plätscherns. Das war etwas mühsam, da er sich nun quer durch den Wald einen Weg durch Gestrüpp und Büsche bahnen musste. Aber immerhin wurde das Plätschern stetig lauter, bis er schließlich vor dem Bach stand. Nun war die Frage: flussabwärts oder flussaufwärts? Dem Stand der Sonne nach und seiner groben Erinnerung, in welcher Richtung er Elfie in den Wald gefolgt war, entschied er sich für flussaufwärts und stapfte los.
Das Plätschern von Wasser; Waldboden unter seinen Füßen; Bäume, Büsche, Sträucher;... längst vergessene Kindheitserinnerungen bahnten sich wieder einen Weg in sein Bewusstsein. Er war der Anführer einer "Bande" von 5 Kindern gewesen, die im nahegelegenen Naturschutzgebiet ihre Nachmittage verbracht, aus Holzresten kleine Hütten gezimmert und sich mit Hagebuttenkernen gegen imaginäre Feinde verteidigt hatten. In Erinnerung schwelgend, begann er erst leise, dann immer lauter zu singen: "Ein Männlein steht im Walde, ganz still und stumm. Es hat von lauter Purpur ein Mäntlein um..."
In Ferne fiel eine zweite Stimme mit ein: "Sag, wer mag das Männlein sein, das da steht im Wald allein..."
"Wer ist da?"
"Til Grebenau."
"Ach, du bist's! Ich bin's, Noa."
Die andere Stimme kam näher: "Ich... bin gleich da... hier ist noch so ein... Busch, aber... ich glaub', hier pass' ich durch."
Auf der gegenüberliegenden Seite des Baches zwängte sich eine Gestalt durch eine Buschreihe und klopfte sich kleine Blätter von der Kleidung. "Gute Stimme", sagte Til und grinste.
"Danke, gleichfalls!"
"Leadsänger in einer Dorfband. Und du?"
"Bariton im Kirchenchor."
"Nice! Kannste Bass improvisieren?"

Kurze Zeit später bot sich den Eichhörnchen in den Wipfeln ein selten im Wald anzutreffendes Bild: zwei Männer auf beiden Seiten eines Bachlaufes sich einen Weg durch den Wald suchend, zweistimmig als voller Kehle Kinder- und Volkslieder trällernd.
Nach einer Weile unterbrach Noa ihren Gesang: "Warte mal! Ich glaube, hier ist das Ende des Bachlaufs."
"Du meinst, wo wir unseren Bachlauf beendet haben?"
"Ja. Schau, da ist die Engstelle zum Überqueren des Baches und da die dicke Wurzel, auf der man sich hinsetzen und die Schuhe wieder anziehen kann."
Til nickte. "Stimmt. Warte, ich komm rüber." Til sprang über die Engstelle und setzte sich zu Noa auf die Wurzel. "Noch ein Lied?"
"Zuvor hätte ich eine Frage." Noa blickte unbestimmt in die Ferne. "Du bist doch gestern mit dieser Elfie hier angekommen, nicht wahr?"
Til runzelte die Stirn: "Mmm... Ja, stimmt. Warum fragst du?"
"Kennst du sie gut?"
Til errötete: "Naja... flüchtig. Wir spielen zwar gemeinsam in einer Dorfband. Aber sie ist eine totale Schreckschraube. Pumpt sich ständig Geld und zahlt es nicht zurück. Lebt seit ewig allein und lässt keinen an sich ran. Sie wollte unbedingt hierher und weil ich so schlecht Neinsagen kann, hat sie mich überredet, sie hierher zu fahren."
Noa blickte Til an: "Soso..."
Til fuhr fort: "Ja, echt. Die kann eigentlich keiner leiden, aber alle haben Mitleid. Deswegen hab' ich... Naja, dir kann ich's ja sagen: ich hab' mir einen kleinen Spaß erlaubt und vorhin ihre Schuhe versteckt. Sie hatte zufällig direkt nach mir den Bachlauf und ihre Schuhe standen da so rum. Da habe ich sie in der Nähe versteckt."
Noa nickte. Das erklärte einiges. Er spielte mit: "Recht so. Aber jetzt hast du natürlich ein Problem: wenn du ihr später die Schuhe bringst oder ihr sagst, wo du sie versteckt hast, wird sie ziemlich sauer auf dich sein."
Til wiegte den Kopf. "Wahrscheinlich. Barfuß durch den Wald ist nicht sehr angenehm..."
"Eben. Wie wäre es so: du sagst mir, wo du die Schuhe versteckt hast, und ich hole sie, bringe sie Elfie zurück und behaupte, ich hätte sie bei einem Spaziergang irgendwo im Wald gefunden?"
Til schaute Noa dankbar an: "Das wäre vermutlich das Beste. Ich denke, die letzten Stunden barfuß waren schon unangenehm genug". Und er erklärte Noa, wo sich die Schuhe befanden.
Noa erhob sich von der Wurzel und blickte auf die Uhr: "Zehn vor vier. Wenn ich mich spute, schaffe ich es noch rechtzeitig zu meinem Nickerchen und hole vorher schnell die Schuhe."
"Mach ruhig. Ich bleib noch ein bisschen hier. Ist vielleicht besser, wenn man uns nicht zusammen sieht, während du die Schuhe in der Hand hältst." Til zwinkert Noa zu.
Der lächelte zurück: "Wir sehen uns!"
"Bis nachher!"

Moos - 15:58 Uhr
Etwas berührte Elfie an der Schulter. Sie erwachte. Neben ihr stand Noa, die Hände hinter dem Rücken.
"Hallo Dornröschen! Gut geschlafen?"
Elfie reckte sich. "Doch, doch. Das Waldbett ist ganz angenehm. Ungewohnt hart, aber groß und es riecht gut."
"Und nach deiner Klettertour sicherlich auch recht entspannend?"
Von einer Sekunde auf die andere war Elfie hellwach. "Die Klettertour? Ach... Ich habe hier und da versucht, deine Seilkonstruktion über einen Baum zu werfen um mal einen Blick von oben auf den Wald zu haben... Aber irgendwie war ich wohl zu ungeschickt dafür. Naja. Nächstes Mal."
Noa grinste, setzte sich neben sie auf das Bett und gab ihr einen kleinen Stubs auf die Nase: "Schau mal, ich habe hier etwas für dich." Mit diesen Worten holte er die Schuhe hinter seinem Rücken hervor.
Elfie jubelte: "Meine Stiefeletten! Da sind sie ja wieder! Wo hast du die denn her?"
Noa grinste noch breiter: "Ach, ich habe vorhin einen kleinen Spaziergang durch den Wald gemacht und habe sie vor einem Erdloch liegen sehen. Vermutlich wollte ein Maulwurf sie mit nach Hause nehmen und hat sie nicht durch den Eingang bekommen."
"Und da hat der Herr Ritter messerscharf kombiniert und die Schuhe seinem Aschenputtel wieder zurückgebracht. Sehr aufmerksam." Elfie rutschte näher an Noa heran. "Und was hat der Herr Ritter nun so vor? Sind irgendwo noch ein paar Drachen zu erschlagen?"
"Der Herr Ritter hat sich die letzte Stunde durch Wälder und Büsche gekämpft, sich im Minnegesang geübt und ist nun etwas müde. Etwas Ausruhen auf einem Moosbett wäre nun eines Ritters würdig. Natürlich in völliger Stille und Einsamkeit."
Elfie rutschte ganz nah: "Stille kannst du haben. Aber mit der Einsamkeit könnte es schwierig werden..."

Moos - 17:06 Uhr
Etwas berührte Noa an der Schulter. Er erwachte. Neben ihm stand Til, breit über das Gesicht grinsend.
"Hallo Herr Bariton! Gut geschlafen?"
Noa reckte sich. "Doch, doch. Das Waldbett ist ganz angenehm. Etwas hart, aber schön groß und es riecht gut." Er schaute Til an. "Und was ist dir für ein Sonnenschein über den Weg gelaufen?"
Til kicherte in sich hinein: "Vor etwa einer halben Stunde ist Elfie aus dem Wald gekommen. Hatte wieder ihre Stiefeletten an und trug Sandalen in der Hand. Konnte mir einen kleinen Kommentar nicht verkneifen. Und weil sie wohl gerade besonders gut drauf war, hat sie gleich Pfeffer gegeben: "Okay, jetzt reicht's! Wettlauf in zwei Minuten durch den Wald. Der Verlierer hält für den Rest des Tages die Klappe!" Noa prustete heraus: "Zwei Minuten hat der Wettlauf gedauert! Und endete wie erwartet mit nicht besonders feinen Worten. Was dann wohl ihre letzten für heute waren." Til schmunzelte zufrieden.
Noa stand auf. "Genieße deinen Sieg. Ich wünsche erholsame Ruhe."
Til machte es sich auf dem Bett bequem: "Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Wir sehen uns beim Lagerfeuer!"

Lagerfeuer - nach Sonnenuntergang
Das Feuer prasselte lustig vor sich hin. Die Teilnehmer des diesjährigen Nature Retreats hatten sich mit Stockbrot, Würstchen, Maiskolben, Kartoffeln, Marshmallows und anderem frisch Gegrilltem die Bäuche vollgeschlagen. Kerstin hatte zwar zunächst etwas pikiert in die Schüsseln mit dem Grillgut geschaut. Aber nachdem sie mit Elfie noch eine kleine Runde gedreht hatte, war sie wie ausgewechselt gewesen und hatte sich gleich als Erste ein paar Kartoffeln in Alufolie gewickelt.
Arne hatte sich direkt angeschlossen. Nachdem er den halben Tag verschlafen und mittags gleich nochmal die Augen zugetan hatte, war er nun hellwach und hatte sich Essen für Zwei auf seinen Grillstock geladen. Er unterhielt sich angeregt mit Til, nachdem er in einem Nebensatz seinen bevorstehenden Mähdrescherwettbewerb erwähnt und die beiden auf diese Weise herausgefunden hatten, dass Arne gerade im Nachbardorf von Til wohnte.
Noa unterhielt sich sehr angeregt mit der Kursleiterin. Doch es waren belanglose Themen. Aufmerksamen Beobachtern wäre aufgefallen, dass seine Lippen zwar das Gespräch weiterführten, seine Augen jedoch immer wieder zu Elfie wanderten und ihr vertraut verschmitzte Blicke zuwarfen. Ganz aus Versehen war er vorhin gestolpert und hatte eine Karaffe mit Wasser über die sitzende Elfie ausgeleert. Elfie hatte geflucht wie ein Rohrspatz, er hatte sich tausendmal entschuldigt und sie dann wegen ihres umgeknickten Fußes stützend zum Haus begleitet. Es hatte eine ganze Weile gedauert, bis die Beiden wieder aufgetaucht waren und Elfie lächelnd und in trockenen Klamotten wieder am Lagerfeuer Platz genommen hatte.
Doch jeder Tag hat ein Ende. Als das Feuer heruntergebrannt war, kam Aufbruchsstimmung auf. Kerstin hatte noch fast panisch ihre Tasche in der Dunkelheit gesucht, beim Auto dieser vorsichtig etwas entnommen und es in einer Art kleinem Safe im Kofferraum verstaut (wie Elfie aus den Augenwinkeln mitbekommen hatte). Alle hatten sich verabschiedet und teils noch schnell Handynummern ausgetauscht. Dann knallte die letzte Autotür, die Motorengeräusche entfernten sich und es wurde ganz still im Wald.

Tils Auto - 00:03 Uhr
Elfie schrie: "Und den ganzen Tag getriezt hast du mich!! Schon die Herfahrt gestern habe ich nur ausgehalten, weil ich auf Standby geschaltet habe! Aber heute dann noch ständig deine scheiß Kommentare über meine Schuhe: Uh, dass du mit denen hier laufen kannst? Und: Dir ist schon klar, dass das hier keine Cocktail-Party ist, oder? Und dann verknacks' ich mir den Fuß bei diesem scheiß Wettrennen und du hilfst mir noch nicht mal!!"
Til starrte stur geradeaus auf die Straße. Die Bäume flogen an ihnen vorbei.
"Nein, lässt mich da einfach stehen und lachst dir am Ende noch eins ins Fäustchen." Sie imitierte eine hämische Stimme: "Erster, erster! Zu schade, dass du mir nicht mehr gratulieren kannst, da du ja jetzt den Rest des Tages nix mehr sagen darfst!"
Til blickte auf die Uhr. Kurz nach Mitternacht. Mist, der Tag war offiziell um.
"Und dass du es weißt: Ich werde dich bestimmt auch nie wieder anpumpen! Und dein scheiß Geld zahle ich dir auch wieder zurück. Der Tag heute hat mir in so vielerlei Hinsicht die Augen geöffnet. Kannst dir übrigens zuhause gleich ne' neue Schlagzeugerin suchen!"
Til fühlte sich hundeelend. Irgendetwas sehr Schweres hatte sich in seinem Bauch gebildet und wurde von Minute zu Minute schwerer.
"Es gibt besseren Umgang für mich als die Trottel einer Dorfband! Kerstin zum Beispiel: Gold wohin man schaut und sicherlich arrogant ohne Ende. Aber sie hat Wort gehalten und mit ihrer Hilfe werde ich mir ein eigenes Onlineshopping aufziehen. Irgendwelche Idioten, die jeden Mist kaufen, der nach Gold glänzt, gibt es immer irgendwo. Und Noa wirkt auf den ersten Blick mit seinen Sandalen zwar etwas schrullig. Aber er hat das Herz an der rechten Stelle und war äußert hilfsbereit den ganzen Tag über. Und nur dass du es weißt: ja, es war ein sehr schöner Tag gewesen. Vor allem dank ihm!"
Til kuppelte aus und und kam langsam am Straßenrand zum Stehen. "Steig aus", flüsterte er.
Elfie starrte Til an. Sein kreidebleiches Gesicht verriet ihr, dass es wohl wirklich besser war, jetzt auszusteigen. Sie griff noch schnell nach hinten, schnappte ihren Rucksack und verließ das Auto.
Es fuhr ohne sie weiter.
Als sie gerade dabei war, Noas Nummer einzutippen, hörte sie in weiter Ferne ein lautes Krachen.
Vögel stiegen auf.

- ENDE -

Copyright Martin Bernasconi, 2024


Würde mich an dieser Stelle bedanken, aber ich krieg nix raus...
Wahnsinnsgeschichte.




Eure Weihnachstgeschichte 2021

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Als ich mich am 1. Dezember morgens gähnend aus dem Bett zum Fenster schleppte und hinaussah, gefror mir das Blut in den Adern.

Was ich im Garten sah, sprengte all meine Vorstellungs-kraft und widersprach zutiefst meiner Überzeugung von dem, was ich gestern noch glaubte dort gesehen zu haben.

Gestern war es noch halb dunkel gewesen, doch heute konnte es keinen Zweifel mehr geben.

Quasi über Nacht war aus der kleinen, unscheinbaren, merkwürdig grauen Pflanze, die sich inmitten meines Steingartens aus dem kleinen Kiesbeet emporgehoben hatte, eine meterhohe glasklare Ranke erwachsen, aus der unzählige tellergroße weiße Blätter abgingen, hier und da jedoch von blutrot gemaserten Blüten unterbrochen, die so groß waren, dass der Rauhaardackel von Frau Schuster von Nebenan locker in einer von ihnen hätte Platz finden können.

Sie wuchs freistehend gen Himmel und ihre Stängel wirkten so stabil, dass ich mich fragte, ob sie sogar einen Menschen tragen würden.

Es gab nur einen Weg, das herauszufinden - ich griff nach meiner am wenigsten schmuddeligen Home Office-Jogginghose, zog sie über, hastete die Treppe hinunter, schlug im Flur einen eleganten Bogen um den jüngsten Ausläufer von Mount Altpapier, riss die Tür auf - und erstarrte in der Bewegung.

Ich hatte das Knäckebrot und die Kanne Tee als Proviant vergessen!

Der gute alte Wanderrucksack wurde nicht nur mit Proviant gefüllt, ebenfalls auch mit einigen Utensilien, die nicht nur in der Gartenabteilung eines Baumarktes sondern auch in meinem WC-Spülkasten zu finden sind.

So ausgestattet, hastete ich zur Tür und sammelte mich einen Augenblick, ehe ich todesmutig auf die unheimliche Pflanze zutrat und die beiden untersten Blattstiele ergriff, um mich in die Höhe zu ziehen - doch im gleichen Augenblick erzitterte die Ranke, und eine Stimme, tief und ehrfurchtgebietend wie eine Bronzeglocke, sprach: "Ohne Maske, kümmerlicher Fleischling? Ich handel mir doch nicht wegen dir Ärger mit dem Ordnungsamt ein." Unter meinen Händen wurde die Ranke so betäubend kalt, dass ich sie mit einem Aufschrei gehen ließ, was wohl mein Glück war, denn sie raste mit zunehmender Geschwindigkeit grollend in die Erde zurück, kleine Kiesel spritzen in alle Richtungen und ich legte schützend die Hände über meinen Kopf, bis nichts mehr an die Ranke erinnerte als die Unordnung in meinem schönen Kiesbeet und ein vages Zittern des Bodens unter meinen Füßen.


Vielen Dank an alle tapferen Sätzelieferanten!

Lösungen zum Labyrinthätsel

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Das 3-in-1-Rätsel:
Nonogramm >> Labyrinth >> Logikrätsel

Wer hat sich verrirrt und was sind seine Attribute?


Natürlich würde es nur halb so viel Spaß machen ohne die Zusatzfrage:

Was ist wohl die Hintergrundgeschichte?

Hier sind Eure Vorschläge:



Geschichte von Caroline Strack (Hauptgewinnerin):


(Version 1)

Es ist Tim!
Wieso? Weil vollkommen unmotiviert ein roter Luftballon im Labyrinth schwebt -> ES -> die 1990er Verfilmung -> TIM Curry als Pennywise!

Er ist in Turnschuhen unterwegs und sucht sein Handy, das er verloren hat, als er das letzte Mal mit seinem Traumatherapeuten hier war. Seit den ES-Filmen hat er nämlich solche Probleme mit dunklen unterirdischen Gängen, dass er seine teuren alten Weine nicht mehr aus seinem Keller holen kann, und das ist natürlich therapiebedürftig.

Aber es war kein guter Abend für Tim. Nicht nur, dass sein Therapeut keine Zeit hatte, nein, jemand hat auch das Wollknäuel geklaut, mit dem er seinen Weg markiert hat, und dann schwebte hinter der nächten Abzweigung mitten im Gang ein roter Luftballon... Aaaaaarrghhhh!

(Version 2)

Es ist Tina!
Wieso? Wegen der kleinen Kuh und der Milchkanne auf dem Weg. Tina ist nämlich eine Kuh! Deshalb läuft sie auch barfuß, welche Kuh trägt schon Schuhe?!

Und gefolgt ist sie ins Labyrinth... den SCHMETTERLINGEN in ihrem Bauch! Seit sie von Weitem zum ersten Mal den Minotaurus gesehen hat, lassen die Schmetterlinge sie nicht mehr schlafen.

Und so hat sie es gewagt... aber dann hat jemand ihr Wollknäuel entführt! Wissen die denn nicht, wie schwer es ist, einen Faden abzuwickeln, wenn man ein Paarhufer ist... hach... PAARhufer... seufz... <3



Ohh, das klingt nach Hoffnung für den armen Anertaurus! Wir wollen gerne glauben, dass sie recht hat mit der Entlarvung der wahren Tina.




Geschichte von Martin B.
(2. Gewinner):


"Tiiiiim!" Der Ruf meiner Mutter schallte übers Feld, auf dem ich gerade Radschlag und mit den Ziegen Bockspringen übte. Sie kam auf mich zu: "Tim, kannst du noch mal in den Keller gehen und etwas Milch holen? Tina hat schon wieder Hunger und Berta... naja, du weißt ja, wie sie ist." Mist, immer musste ich die Drecksarbeit machen. "Jaaa, Mama...." "Danke Tim, du bist ein Schatz!"

Also machte ich mich auf den Weg Richtung Keller. Falls Sie sich jetzt schon wundern: wir waren ein sehr schräge Familie. Tina war meine kleinere Schwester im Säuglingsalter. Da sie einen schier unersättlichen Appetit hatte, hatte Mom irgendwann nicht mehr weiter gewusst und angefangen, ihr zur Aufstockung frische Kuhmilch zu geben. Berta, meine große Schwester, hatte hingegen durch die Pubertät einen leichten phsychischen Schlag erhalten und trug - angeblich gezwungenermaßen - seit ihrem 17. Geburtstag nur noch Stöckelschuhe. "Mit denen kann ich aber nicht ständig in den Keller gehen!", hatte sie ab da stets geantwortet, wenn Mom ihr auftrug frische Milch aus dem Keller zu holen und nachdem sie beim ersten Versuch auf der Treppe umgeknickst und etwas früher als sonst unten mit einem verstauchten Knöchel gelandet war.

Und ja: "frische" Milch aus dem "Keller". Denn auch die Nutztiere auf unserem Hof hatten alle einen leichten Dachschaden: unsere Hühner hielten sich für Schweine und suhlten sich gerne im Dreck; unsere Schweine wiederum schrieben seltsame Nachrichten (irgendetwas mit Gleichheit oder so) an die Schuppenwand und wollten in Betten schlafen; und unsere Kuh hatte Xeroderma pigmentosum ... Mondscheinkrankheit. Nachdem uns das vom Tierarzt bestätigt worden war, hatten wir sie in unserem weitläufigen Keller verfrachtet, was tierisch nervig für alle Beteiligten ist! Ständig Heu runterbringen, ständig Kuhmist hochbringen und ... Ich sags mal so: alles, was man einmal in diesen Keller gebracht hatte, schmeckte danach nach Stall.

Ich war an den Stufen zum Keller angekommen und begann die Stufen hinab zu gehen. Der Keller war ebenfalls schon immer merkwürdig gewesen, denn er barg Geheimnisse, die nur eine Person bisher ergründet hatte. Den Geschichten nach war unser Großvater, als er vor langer Zeit auf der Walz gewesen war, auf unserer Wiese in ein Loch gefallen und hatte staunend das Gewölbe, in dem er gelandet war, und seine glatten Wände und verwinkelte Bauweise erforscht. Um die Nächte nicht ebenfalls dort verbringen zu müssen, hatte er direkt neben dem Eingang eine kleine Hütte gebaut, die im Laufe der Jahrzehnte mit der Familie um ihn herum mitgewachsen war, bis das Gewölbe als Keller Teil des Haus geworden war. Ob es wirklich klug war, das Haus direkt über dem Eingang dieser Katakomben zu erweitern, ist fraglich, denn Großvater Franz war im Laufe der Jahre ... merkwürdig geworden und hatte von seltsamen Wesen mit acht Armen und anderen Geistern und Fabelwesen erzählt, die ihm auf seinen Reisen durch das "Labyrinth", wie er es genannt hatte, begegnet sein wollten. Alles Humbug, wenn ihr mich fragt. Und doch hatte Großvater, bevor er sich im Rollstuhl zur Ruhe setzte, als letzte große Tat seines Lebens mitten im Keller eine dicke Wand mit schwerer Tür eingezogen und auf diese Weise den Großteil des Gewölbes mit einem dicken Schloss vor der Außenwelt abgeriegelt. Den Schlüssel versteckte er und nahm das Wissen um dessen Platz mit ins Grab.

Laut meiner Mutter hätte ich ein Gros des Wesenzugs meines Großvaters geerbt, unter anderem seinen Forscherdrang. Geheimnisse hatten mich schon immer fasziniert! Und nachdem unser Vater uns die Geschichten von Großvater und seinen Forschungsreisen hinter der Kellerwand erzählt hatte, hatte ich alles daran gesetzt, den verschollenen Schlüssel zur Tür wiederzufinden. Wochenlang hatte ich das gesamte Haus auf den Kopf gestellt und hatte nach endlosem Suchen auf dem Dachboden eine große Kiste gefunden, die angefüllt war mit Schlüsseln. "Wie versteckt man am besten einen Baum? Man stellt ihn in den Wald!", soll der Lieblingswitz meines Großvaters gewesen sein. Als ich diese Kiste gefunden hatte, war mir sofort klar, warum ausgerechnet dieser Witz bis in meine Generation durchgedrungen war: ein würdiger Nachfolger sollte den Schlüssel finden und das letzte Geheimnis des Labyrinthes erkunden! Die Kiste mit den Schlüsseln hatte ich kurzerhand im Keller verstaut und probierte seit dem jedes Mal, wenn ich in den Keller kam, ein paar der Schlüssel aus.

So auch heute. Zuerst molk ich unsere Kuh, dann probierte ich ein paar Schlüssel. Die Enttäuschungen, die ich jedes Mal gefühlt hatte, wenn ein Schlüssel nicht passte, waren zur Routine geworden, und in halb meditativem Zustand bemerkte ich zunächst gar nicht, dass der Schlüssel sich herumdrehen ließ. Was? STOPP! Ungläubig drehe ich den Schlüssel mehrmals links und rechts herum. Das kann doch nicht wahr sein! Endlich! Nach so langer Zeit... Wow, ähm, was mache ich denn jetzt?

Aufregung flutet meinen Körper. Die Tür ist endlich offen! Endlich bin ich in der Lage das Werk zu Ende zu führen, dass mein Großvater begonnen hatte. Blitzschnell flitze ich nach oben in mein Zimmer und hole die Ausrüstung unterm Bett hervor, die ich schon vor Wochen für diesen Moment bereit gelegt hatte: Stift, Karte, Taschenlampe, Kompass und anderer nützlicher Kleinkram. Auf dem Weg nach unten begegne ich meiner Mutter: "Wo ist die Milch?" "Hab' ich im Keller vergessen!", antworte ich und stürze nach unten. Pah, Tina konnte noch auf ihre Milch warten. Aber stimmt: etwas Marschverpflegung wäre in der Tat nicht schlecht. Ich schnappe mir die Milchkanne, atme noch einmal tief ein, dann stoße ich die Tür auf und...

... blicke ins absolute Schwarz. Ja, klar, wo soll auch Licht herkommen. Ich nehme meine Taschenlampe zur Hand und beginne auf der Schwelle stehend systematisch den Raum hinter der Tür abzuleuchten. Der Keller scheint hinter der Wand in gleichem Ausmaß weiter zu gehen und knickt weiter hinten nach links ab. Etwas davor scheint nach rechts ein weiterer Gang abzugehen. Merkwürdige Bauweise. Fast wie in einem ... Labyrinth. Der überlieferte Ausdruck von Großvater scheint einen wahren Kern zu haben. Und was ist das? Ich leuchte auf die Stelle direkt rechts neben mir: dort liegt etwas Knallrotes. Ein... Wollknäuel? Und ist das eine Ende des Wollknäuels an einem Haken im Boden befestigt? Wozu das denn? Ich denke nach. Großvater war ein gewitzter Mann gewesen. Es muss einen Grund haben, warum hier ein angebundenes rotes Wollknäuel liegt. Ich habe mal gelesen, dass Taucher ein Tauchseil verwenden, wenn sie Grotten erforschen oder in Gebieten tauchen, in denen die Sicht schlecht werden kann. Ob Großvater diesen Trick ebenfalls angewendet hat? Ich nehme das Knäuel und verstaue es in der Tasche meines Marschgepäcks, aber so, dass es sich selbständig abwickeln kann. Dann wage ich es, in den dunklen Gang vorzustoßen.

Es ist schon merkwürdig, wie in absoluter Dunkelheit das Zeitgefühl und die Orientierung schwinden kann. Etliche rechtwinklige Biegungen und unzählige Sackgassen später weiß ich nicht mehr, wie lange ich schon in diesem Labyrinth bin. Glücklicherweise und Großvaters rotem Faden sei Dank ist es stets recht einfach den Weg wieder zurückzufinden. Die Milch ist inzwischen ausgetrunken, aber außer seltsamer Zeichnungen an den Wänden, die irgendeine merkwürdige mathematische Beziehung zwischen Buchstaben und Symbolen herzustellen scheinen, und merkwürdiger Schlurfgeräusche ist mir bisher nichts Merkwürdiges über den Weg gelaufen. Das Wollknäuel ist sehr klein geworden, ich muss tief im Labyrinth sein. Nanu, was ist das? An der gegenüberliegenden Wand sehe ich etwas Rotes im Schein der Taschenlampe aufblitzen. Schnell laufe ich näher hin: ein Luftballon! Ein Luftballon? In einem Jahrhunderte alten Labyrinth? Wie kommt der denn hierher? Wer hat ihn hierher gebracht? Und vor allem: Warum ist er immer noch prall gefüllt? Er muss erst vor Kurzem hierher gebracht worden sein. Das bedeutet: Irgendjemand muss in diesem Labyrinth sein. Und das bedeutet: Ich bin nicht allein!

Diese Erkenntnis lässt mich erschaudern. Ob es ein doch ganz großer Fehler war hier einzusteigen? Panik sickert durch meinen Körper... raus hier! Ganz schnell! Ich greife nach dem Wollknäuel, doch... es ist weg! Das Wollknäuel ist weg! Es muss zu Ende gegangen sein, als ich in diesem Gang zum Ballon gelaufen bin. Ich laufe den Gang zurück, den ich gekommen bin. Hier muss der Faden doch irgendwo auf dem Boden liegen... spätestens nach dieser Biegung... doch... da ist nichts. Der Faden bleibt... verschwunden...


Ein Schauder läuft mir über den Rücken. Was für ein Ende! Und wir tragen die Schuld an dieser Misere...


Mit welchem Trick können wir ihn retten?

Da uns eine sehr genaue Karte des Labyrinthes vorliegt, können wir auf folgende Weise den dritten Ausgang des Labyrinthes finden:

> Schwester Berta befragen. Sie muss vor einiger Zeit durch ein weiteres, zweites Loch im Boden in das Labyrinth gefallen sein, denn ihe Fußspuren befinden sich in der nordöstlichen Ecke des Labyrinthes.
> Durch die Verbindungsachse zwischen Kellereingang und dem Loch, durch das Berta gefallen ist, kann in der realen Welt, also auf der Wiese, die Ausrichung und die Größe des Labyrinthes abgeschätzt werden (einfacher Dreisatz).
> Mit Hilfe der Karte und der zuvor ermittelten Größe und Ausrichtung kann ermittelt werden, wo sich der südöstliche Ausgang des Labyrinthes in etwa befinden muss. Dieser Eingang muss gefunden und freigelegt werden.
> Bertas Loch wird verschlossen. Alle Türen im Haus, die von der Eingangstür zum Keller hin führen, müssen geöffnet werden. Da das Labyrinth ansonsten keinen Durchlass bietet, wird zwischen den beiden nun offenen Hauptausgängen ein Luftzug entstehen. Gegebenfalls kann mit einem Lagerfeuer direkt vorm südöstlichen Ausgang etwas nachgeholfen werden.
Wenn Tim noch in Labyrinth umherirrt, wird er irgendwann auf den Luftstrom treffen, ihn bemerken und ihm folgen. Auf diese Weise wird er zum zweiten Ausgang finden.


Genialer Vorschlag, so machen wir es!

Ich sollte langsam einen Verlag für Eure tollen Geschichten gründen... Vielen Dank für diesen literarischen Genuss- der Gewinn ist mehr als verdient!




Geschichte von Andrea Sauer:


Tim wollte seine Kühe melken, als er bemerkte, dass Kuh Elsa scheinbar entwischt war. Da er seine Kühe mit dem Handy tracken kann, musste er nur Elsas Spur folgen, die ihn dummerweise ins Labyrinth führte. Ob der Minotaurus die Kuh angelockt hatte?

Tim wusste glücklicherweise, dass er im Labyrinth keinen Empfang haben würde und bereitete sich sehr gut vor: mit einer Handvoll heliumgefüllter Luftballons, die er dann wie in einer modernen Hänsel und Gretel-Version in gewissen Abständen an die Decke des Labyrinths steigen ließ. Da es im Labyrinth ziemlich dunkel ist, waren sie uns bisher gar nicht aufgefallen. Aber mit dem Wissen, dass wir an die Decke leuchten müssen, können wir Tim und seine Kuh leicht aus dem Labyrinth befreien.

Leider ist Tims Handy-Akku mittlerweile leer, daher konnte er der Spur der Luftballons selbstständig nicht mehr folgen, sondern saß im Dunkel fest.



Es ist praktisch, immer ein paar Luftballons und ein bisschen Helium dabei zu haben - man weiß ja schließlich nie.
Coole Idee, vielen Dank!




Geschichte von Irina Spitznagel:


Tim verschwand im Labyrinth, weil er sein Handy dort irgendwo verloren hatte. Hinein begeben hatte er sich, weil ihm sein roter Luftballon davongeflogen war. Die ursprüngliche Idee, seinen Weg von Google Maps tracken zu lassen und ihn dann einfach zurück zu gehen, war zwar prinzipiell gut, aber weil er so struddelig ist, nützte ihm der digitale rote Faden halt nichts.

Immerhin verdurstete er nicht, da er bei seinem Herumgeirre erst auf Kuh Erna traf und dann später sogar eine Milchkanne fand, in der er sein ermolkenes Proviant transportieren konnte. Und dank seiner bequemen Turnschuhe lief er sich auch keine Blasen.

Unsere Befreiungsaktion war eher zufällig, aber dennoch erfolgreich. Unsere zahlreichen Versuche, Tim telefonisch zu erreichen, halfen ihm, dem Klingeln nachzugehen und sein Handy wiederzufinden. Den Rest schaffte er dann, wie ursprünglich geplant, mithilfe von Google.

Die Erleichterung war allseits groß. Vor allem auch bei uns, da wir nicht schuld an Tims Malheur gewesen waren. Schließlich ist er ja kein Benutzer von analogen roten Fäden.



Puh, damit können wir alle wieder beruhigt schlafen! Danke für die Entwarnung.




Lösungen zum Minotaurusrätsel

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Nachdem wir den Advent 2020 mit einer abenteuerlichen Reise durch ein vernebeltes Labyrinth verbracht haben, sind wir am Ende auf den Minotaurus gestoßen. Schnell mussten wir eine Gegenchimäre einstellen, um ihn in Schach zu halten, während wir selbst zum roten Geschenk durchhuschen konnten. Drei Chimären hatten sich beworben, unser Favorit war Edgar. Doch warum?

Die Zusatzfrage lautete: Womit könnten wir diesen speziellen Minotaurus tatsächlich besiegen? (Bildungs- und Kreativfrage)

Die eigentlich gemeinte Lösung hat keiner der Teilnehmer herausgefunden - nein, ihre Lösungen waren zum Teil besser als diese!

Folgende Antwort wäre gesucht gewesen: Die Abbildung von Minotaurus ist eine direkte Anspielung auf Dürrenmatts 'Minotaurus - Eine Novelle'. Dort ist der Minotaurus in einem Spiegellabyrinth gefangen und will eigentlich nur spielen, was allerdings nicht besonders gut ausgeht. Wir hätten ihm also zum Spielen einen starken Gefährten an die Seite stellen können, der nicht so leicht kaputtgeht. Wir lassen Edgar also da, wenn er möchte. Vor allem Martins Antwort war allerdings um Welten besser (siehe unten).


Hier sind Eure Lösungen:

Lösung von Die-Den-Monitaurus-Besiegte (Irina Spitznagel):


Edgar kann den Minotaurus mit seinem Schwanz zu Fall bringen und mit den Scheren in Schach halten. Und ihm notfalls in die Nase beißen.
Daheim lassen sollten wir John, der bringt's echt nicht.

Womit könnten wir diesen speziellen Minotaurus tatsächlich besiegen?
Zur tatsächlichen Besiegung ist hoffentlich die Schwertkämpfer-Chimäre wieder fit, schließlich ähnelt sie Theseus auf den antiken Keramiken doch sehr.



Das klingt nach einem Superplan - kein Wunder, dass das so schnell geklappt hat!




Lösung von Andrea Sauer:


Edgar hat einen Haikopf, Hummerscheren und -beine und einen Krokodilkörper. Lilly sollte man mit Hummerkörper, Krokodilkopf und Haiflossen zuhause lassen, da sie sich im Labyrinth kaum fortbewegen könnte. John kann seinen Haikörper zwar auf den Krokodilbeinen bewegen, aber der Hummerkopf wird wohl einen Minotaurus kaum beeindrucken... höchstens zum Totlachen :-)!
Edgar kann sich sowohl mit den Hummerscheren als auch dem Haikopf gut zur Wehr setzen und ihm kommt sicherlich auch zugute, dass er so nahe am Boden vom Minotaurus schlecht gesehen werden kann.

Womit könnten wir diesen speziellen Minotaurus tatsächlich besiegen?
Da wir kein Schwert dabei haben, um den Minotaurus zu besiegen, hier der Vorschlag meiner Tochter (angelehnt an David und Goliath): Unsere Chimäre ist sehr leidensfähig und opfert ihre Zähne, die sie dann an einem gespannten Gummi zwischen ihren Scheren auf den Minotaurus schleudert. Zum Ablenken vorher würde auch - zumindest wenn man im Bereich der Sagen bleibt - ein rotes Tuch reichen, dass sie mit den Scheren schwingt. Wissenschaftlich betrachtet würde es bei farbenblinden Stieren auch reichen, einfach nur die Scheren ordentlich zu schütteln.



Was für eine Vorstellung!
DA wäre ich gerne dabei gewesen.





Martin B. hat sich ein paar wirklich realistische Gedanken über Edgars Kompetenzen gemacht. Damit wird er zum Leiter der labyrinthischen Personalabteilung befördert.


Seine Lösung:


Wie sieht Edgar aus?

Edgar hat ...

... den Kopf eines Hummers, denn es macht Sinn in einem dunklen Labyrinth, dessen dichter Nebel stehts nur temporär von Nebelscheinwerfern durchdrungen werden kann, sich mittels Fühlern vorwärts tasten zu können.

... die Füße eines Krokodils, denn auf dem festen Boden eines Labyrinthes ist es unmöglich mit Flossen oder Zangen vorwärts zu kommen.

... den Schwanz eines Hais, denn mit diesem können Gegner verwirrt, hart getroffen und betäubt werden.

Womit könnten wir diesen speziellen Minotaurus tatsächlich besiegen?

Das ist in der Tat die interessanteste Frage.
Meiner Ansicht nach müssen wir uns den Minotaurus als psychisch völlig überfordertes Geschöpf vorstellen. Stellen wir uns vor, wir selbst hätten das Gehirn und somit die Bedürfnisse eines Stieres: den ganzen Tag auf Weiden herumtollen, die Sonne genießen, saftiges Gras kauen und ab und zu mit einer heißen Kuh schnackseln. Doch hätten wir zur großen Enttäuschung einen hierfür gänzlich unpassenden Unterbau: Menschenbeine, die fürs Herumtollen völlig ungeeignet sind und die in der Sonne schnell Sonnenbrand bekommen; dazu das Geschlechtsteil eines menschlichen Mannes, über das die Kühe auf der Weise nur müde lächeln. Hohn, Spott und Verachtung sind sowohl in der Welt der Menschen (die schon immer Andersartigkeit mit Abneigung begegnet sind) als auch in der Welt der Rinder an der Tagesordnung.

Und das Schlimmste von allem: dieses Problem ist genetisch, somit unabänderbar, und resultiert zudem noch nicht einmal aus eigenem Verschulden sondern aus der Habsucht des Ziehvaters und der geistigen leichten Manipulierbarkeit der Mutter! Kein Wunder also, dass man als junger Anertaurus (Altgriechisch für "Mensch-Stier", analog zum germanischen Wort "Werwolf"), spätestens im Teenager-Alter durchdreht und anfängt, seine Minderwertigkeitskomplexe und das durch Andere zugefügte Leid durch Aggression nach außen widerzuspiegeln. Die Umwelt sieht nur noch das Menschenfressen und die Jungfrauen-Opfer, aber wie es im Inneren eines Anertaurus aussieht, der sich seiner eigenen Zerissenheit für ein Leben lang bewusst ist, stand schon immer außerhalb der Geschichtsschreibungen auf einem anderen, vergessenen Blatt.

Wenn wir Minotaurus also wirklich "besiegen" wollen, so haben wir gerade in unserem Zeitalter alle Mittel, die er zum Glücklichwerden braucht: raus aus dem muffigen, dunklen Labyrinth, hinaus auf eine Weide; Sonne so viel er mag und die Beine mit Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 100 einschmieren; eine kostenfreie Phallusvergrößerung um mit anderne Stieren mithalten zu können; und natürlich einige Dutzend Stunden psychatrische Therapie um die letzten 2 Jahrtausende im Labyrinth und die Demütigungen der Zeit davor aufzuarbeiten. Zu guter Letzt wäre ein entspannendes Hobby nicht schlecht. Zum Beispiel Stricken: erstens müssen diese Menschenhände doch zu etwas gut sein und zweitens gibt es in seiner bisherigen Behausung genügend rotes Garn, mit dem sich positiv auseinander zu setzen lohnt.



Es lohnt sich also, in einem Jahr noch mal wiederzukehren - mal schauen, was der Minotaurus bis dahin Schönes gestrickt hat! Damit kann er vielleicht auch ein Weibchen verführen.
Und falls ich mal einen Anertaurus treffe, schicke ich ihn zu Martin!

Vielen Dank für diese aufwendige und gut durchdachte Lösung!




Zu guter Letzt kommt hier noch der fabelhafte Edgar von Caroline Strack:

Copyright Caroline Strack


Voll süß - diesen Edgar würde man ja am liebsten mit heimnehmen!


Lösungen zum Silvester-Countdown

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Lösung von Irina Spitznagel:


Irinas Vorgeschichte:


Herr Stanges hatte es ja schon geahnt und sich zu Recht Sorgen um seinen Sohn Lars gemacht. Mit diesem Mark ist nicht gut Kirschen essen!

Erst recht nicht, seit sich Mark in Marie verliebt hatte. Doch diese erkannte sofort, dass er nur ein hohler Angeber ist. Sie steht auf Lars, auch weil der immer so geniale Einfälle hat, zum Beispiel seine tolle CAMP-IDEE von letztem Sommer. Gerade für Marie, die von ihren Eltern fast nie an die frische Luft gelassen wird, war das kleine Zeltlager unter dem Stanges'schen Kirschbaum ein Traum.

Also wollte Mark seinen Widersacher ausschalten. Aus dem Fahrradschuppen hatte er sich damals selbst befreien können, deshalb musste eine dauerhaftere Lösung her. Dass Kirschen für Lars unwiderstehlich sind, war ja allgemein bekannt. Mit dem strengen Frost in der Nacht kam die Gelegenheit. Und tatsächlich, Lars konnte nicht an dem Straßenschild vorbei gehen, ohne an den lecker lockenden Kirschen zu lecken, fror da mit seiner Zunge fest und wurde eingeschneit. Oh leck!

Befreit hat ihn dann letztlich Marie, die das Telefongespräch zwischen Herrn Sultken und Lars' Vater belauscht hatte und eins und eins zusammenzählte. Weil der Lehrer sie ignorierte, statt ihr zu helfen, schritt sie selbst zur Tat, buddelte ihren Geliebten aus und löste seine Zunge mit warmem Kräutertee aus ihrer Thermoskanne. "


Den ersten Preis, obwohl ausgelost, hat sich Irinas wirklich verdient. Schaut Euch nur mal ihre Antworten auf die Zusatzfragen an:

Warum ist es genau in dieser Ortschaft passiert?

Warum sich die Geschichte ausgerechnet in LACHENFELS ereignet hat, müsste eigentlich ALLEN CHEFS klar sein. Auch wenn es heißt, F. E. SCHNALLE es noch immer nicht. Zumindest lautete sein einziger Kommentar zu der ortsbekannten Faustregel LL-FS* "ACH, NEE?!". Dabei weiß doch jeder, dass starker SCHNEEFALL dort häufig vorkommt. Das behaupten zumindest ELLEN S., die vom FACH ist, und LENA L. , die FESCH ist. Hingegen ist deren Bruder NEL eine FLASCHE, seine Witze sind FLACH und LESEN kann er kaum. Deswegen FLACHSEN E. und L. auch immer über ihn. So, nun aber Schluss mit dem Dorf-tratsch! Ich ess jetzt 'N LACHS, I just FEEL like it...

(*Leichtsinniges Lecken - Furchtbarer Schrecken)


In wen ist Marlon verliebt?

MARLON HEIE war schon immer in MARIE WEH verliebt, sogar EH sie aus WEIMAR herzog, wo vorher ihr HEIME WAR. Ohne MARIE ist der junge Herr H. LONE. Doch wegen L. ist er OHNE MARIE. Aber er ist klug und sagt sich: "Fuck cherrys, I buy HER A MELON!" Gute Idee, dann wird sie bestimmt auch mit dem HEIE WARM. So, wie er ihren Vornamen in sich trägt, hat sie schließlich seinen Nachnamen verinnerlicht. Und zusammen reisen sie dann - HEI - ans MEER, an die RHONE oder nach MALAWI.


Ich gebe das Zepter ohne Widerstand ab an Irina Spitznagel!




Vorgeschichte von Familie Herrmann:


Elke stieg aus dem Auto ihrer Eltern aus und lief zur Schule. Als sie vor der Schule stand, drehte sie sich um, um ihrer Mutter zuzuwinken. Da sah sie plötzlich einen schwarzhaarigen Jungen. Aber was machte er. Natürlich Blödsinn. Er schoss Schneebälle an Fensterscheiben. Plötzlich machte es "klirr". Dennoch machte er weiter und schoss Schneebälle an andere Fenster. Um ihn dingfest zu machen, blieb sie stehen und beobachtete ihn weiter. Plötzlich rutschte eine Lawine vom Dach und begrub sie.



Und damit hat sich die arme Elke selbst dingfest gemacht. So kann es gehen!




Vorgeschichte von Jutta Schneider:


Mark hat Lars eine Falle gestellt, indem er ihn dazu verleitete an der Säule mit den Kirschen zu lecken. Lars liebt Kirschen und ist leider nicht die hellste Kerze auf der Torte. Bei dieser Kälte bleibt er direkt an der eiskalten Säule kleben und schneit ein.



Die hellste Kerze würde bestimmt auch nicht einfrieren. Vielen Dank!




Und nun zurücklehnen, entspannen und die Vorgeschichte von Martin B. genießen:

Still war es an diesem Morgen, doch vermutlich war das nur die Ruhe vor dem Sturm, denn der Himmel war eine einzige weiß-graue Wolkendecke, die bereits förmlich danach schrie, jeden Moment ihre Last abzuwerfen. Lars war auf dem Weg zur Schule und erfreute sich an dieser Stille, die auch nicht durch Mitschüler getrübt wurde, da er der Einzige war, der Freitag morgens diese Strecke nahm. Alles war wie immer, bis auf zwei Dinge: erstens war er nur von einem SUV überholt worden (normalerweise waren es zwei) und zweitens sah er in der Ferne ein Zettel am Zebrastreifenschild vor der Schule, auf dem er beim Näherkommen Kirschen erkannte. Die Kirchturmuhr schlug gerade Viertel vor Acht. Zeit genug sich den Zettel genauer anzuschauen: "Hier lecken - Geschenk von Mark". Angewidert verzog Lars das Gesicht: Mark... Der war als der vorlauteste, sportlichste und größte Angeber der Primarstufe seiner Schule bekannt. Viele Mädchenherzen flogen ihm zu, obwohl er erst in der 3. Klasse war. Und doch hatte Mark vor einiger Zeit erkennen müssen, dass seine gebliebte Marie ihn - Lars - anhimmelte und nicht diesen Idioten. Ob Mark ihre Gunst durch ein Kirschengeschenk gewinnen wollte? Egal, Lars liebte Kirschen über alles. Und einmal lecken konnte ja nicht so schlimm sein, oder?

Die Turmuhr hatte gerade Viertel vor Acht geschlagen. Marlon war etwas spät dran heute und legte einen kleinen Spurt ein, musste aber nach kurzer Zeit schwer atmend wieder abbremsen; so sportlich wie Mark würde er wohl niemals werden. Jetzt noch schnell über den Zebrastreifen da vorne, an dem auch schon jemand zu warten schien, obwohl gar keine Autos kamen, und dann wäre er auch schon an der Schule. Je näher er jedoch dem Zebrastreifen kam, desto deutlicher erkannte er den Jungen, der da stand: es war Lars, welcher das Straßenschild zu küssen schien. Marlon verzog das Gesicht: Lars... Das war dieser Trottel, in den sich Marie verguckt hatte. Ausgerechnet Marie, die sowohl ganz offen von seinem Idol Mark als auch heimlich von ihm selbst angehimmelt wurde. Kurz darauf stand Marlon neben Lars und begann lauthals zu lachen: es sah einfach zu komisch aus, wie Lars mit der Zunge an der Schildstange klebte und versuchte, ihn gurgelnd zur Hilfe zu animieren. Noch kichernd las Marlon das Schild vor Lars' Nasenspitze genauer und stutzte. "Geschenk von Mark"? Anscheinend hatte Mark den Zettel geschrieben um Lars wegen Marie einen Denkzettel zu verpassen. Oder wollte jemand Mark eins auswischen und hatte dessen Namen unter diesen Zettel gesetzt? Nachdenklich ging Marlon weiter.
Im Schulgebäude steuerte Marlon zunächst seinen Klassenraum an: seine Blume musste gegossen werden. Als "Botanischer Garten" hatte ihnen Herr Hemmerat dieses schulübergreifende Projekt vorgestellt, welches letztlich bedeutete: jeder Schüler hatte auf dem Fensterbrett eine Pflanze stehen, für die er verantwortlich war. Ganz großes Kino. Danach ab in die Computer-Räume, denn die erste Stunde war Computer-AG. Normalerweise tauchte Marlon völlig ab in die Welt des Programmierens, doch heute konnte er sich kaum konzentrieren. Erstens tobte vor den Fenstern ein Schneetreiben ohnegleichen und mit etwas Pech klebte Lars noch an der Stange. Zweitens war die Frage, wie er Mark aus der Klemme helfen konnte, falls das Schild entdeckt werden würde. Das Schneetreiben endete so plötzlich, wie es angefangen hatte und in diesem Moment kam Marlon die rettende Idee. Unter dem Vorwand, ihm sei total schlecht, er sei bestimmt krank und ginge besser nach Hause, verließ Marlon nach der Hälfte der Stunde die Schule. Eine Gestalt aus Schnee stand unmittelbar neben dem Zebrastreifenschild und nur der Teil eines kaum sichtbaren blonden Haarschopfes deutete an, dass es sich um Lars in weißer Hülle handelte. Schnell zog Marlon sein Mathematikheft aus dem Ranzen und steckte es deutlich sichtbar in den von Lars. Falls er nach dem Heft gefragt würde, würde er behaupten, dass es ihm schon vor ein paar Tagen abhanden gekommen sei. Auf diese Weise würde es mindestens zwei Verdächtige geben und er und Mark würden beide behaupten können, irgendjemand anderes wolle ihnen wohl die Schuld in die Schuhe schieben! Zufrieden ging Marlon nach Hause.

Die Turmuhr hatte gerade Viertel vor Neun geschlagen. Klaus Bensch war auf dem Weg zur Schule. Er lag gut in der Zeit trotz des Schneesturms von gerade eben und seiner chronischen Angewohnheit, die Schule solange wie möglich zu meiden. Da vorne noch über den Zebrastreifen, wo jemand einen Schneemann gebaut hatte, dann war er fast schon da. Im Vorübergehen nickte Klaus anerkennend: es sah so aus, als ob der Schneemann das Straßenschild festhalten würde. Witzig. Vorm Schulhaus nutzte ein Junge, in dem er Rafe aus der 6b wiedererkannte, den frischen Schnee um ihn in Form von Schneebällen an Fenster zu werfen. Hatte Rafe nicht Unterricht? Naja, der wollte sicher nur seinen Frust rauslassen. Das konnte Klaus gut verstehen: Schule an sich ist ja schon Strafe genug, aber wenn dann auch noch die eigene Stiefmutter... Da konnte es schon mal passieren, dass einem der Fuß ausrutschte und ganz aus Versehen die Wand im Weg war. Klaus stieß die Schultür auf. Was stand denn heute auf dem Plan? Erst Bio und später gottlob kein Deutsch - ein guter Ausklang für diese Scheißwoche.

Herr Kelassen blickte an sein linkes Handgelenk: 8:55 Uhr. "Noch 5 Minuten. Kommt zum Ende und schließt eure Hefte." Herr Kelassen unterrichtete gerade Mathematik, genauer gesagt: er überwachte die 2. Klassenarbeit dieses Halbjahres der 4c. Der Schüler Lars Stanges fehlte zwar unentschuldigt, aber der konnte ja getrost nächste Woche nachschreiben: selbst wenn er im Vorfeld Tipps von seinen Mitschülern bekommen würde, würde es ihm vermutlich nicht viel nützen. Herr Kelassen stand gelassen am Fenster und blickte auf den Vorhof der Schule. Draußen warf ein ihm unbekannter Schüler mit Schneebällen. Hatte der nicht Unterricht? Naja, der wollte sicher nur kurz Pause machen. Herr Kelassen seufzte innerlich: zu Beginn des Schuljahres hatte die Schulleitung gegen den Rat der Lehrer beschlossen, die Pausen zwischen der 1. und 2. sowie zwischen der 2. und 3. Stunde einfach wegzurationalisieren. Einfach so, als ob Schüler (und Lehrer) nicht Pausen zur Erholung bräuchten! Kein Wunder also, wenn manche Schüler (und Lehrer) sich ihre Pausenzeiten selbst organisierten. Wenige Minuten später begann er die Arbeiten einzusammeln und dann ging alles plötzlich sehr schnell. Punkt 9 Uhr ertönte der Gong und Bewegung kam in die Klasse, da alle Kinder hektisch ihre Sachen zusammenpackten, um den Raum für die folgende AG-Stunde zu wechseln. In dieses Chaos hinein kam Herr Sultken durch die Tür gestürmt. Der Kollege stammelte sichtlich durcheinander etwas von einem "Mariechen", das weinend durch den Flur gerannt sei ("Und sicherlich nur ihr Handy verloren hat", schoss es Herrn Kelassen durch den Kopf), von Kirschen, die Herr Sultken auf Lars' Platz legen solle, und von Herrn Stanges, der sich wunderte, warum sein Sohn nicht längst in der Schule sei. Herr Kelassen kratzte sich am Kinn: "Ja, Lars Stanges ist tatsächlich heute Morgen nicht erschienen. Aber ich glaubte, dass nur die heutige Klassenarbeit der Grund hierfür sei."
In diesem Moment drang ein lautes Klirren in den Raum. Beide Lehrer schraken zusammen, stürmten zum nächsten Fenster und rissen es auf. Gegenüber der Schule erklang wütendes Gezeter aus dem zerbrochenen Fenster eines Hauses, dessen noch heile Fenster übersäht waren mit weißen Punkten. Aus den Türen des Schulgebäudes strömten gerade Schüler in den Hof, von dem unbekannten Schüler hingegen war keine Spur mehr zu sehen. "Vor etwa 5 Minuten habe ich noch einen Schüler vor der Schule Schneebälle werfen sehen!" rief Herr Kelassen aufgeregt. Herr Sultken riet: "Dann gehen Sie am besten gleich zur Schulleitung und teilen denen mit, was Sie gesehen haben!" Elig warf Herr Kelassen die Hefte in seine Tasche, diese wiederum über seine Schulter, und stürmte aus dem Zimmer: "Wäre doch gelacht, wenn wir diesen Schneeballwerfer nicht fänden!"

Und so kam es, dass niemand mehr an den fehlenden Schüler Lars Stanges dachte und dieser erst gefunden wurde, als sich ein Bewohner auf dem Weg zum Altglascontainer darüber wunderte, wozu ein Schneemann wohl ein Mathematikheft in der Hand hielt.


Die Geschichte ist besser als der Hauptgewinn. Danke!!!




Lösungen zum Nussknackerrätsel

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1. Preis: Martin B.

Seine Lösung:

Tina Lehrbuch liebte Bücher schon immer. Sie liebte Bücher so sehr, dass diese für sie sogar berufsweisend wurden. Trotz des steten Drängens ihrer Eltern, sie solle Software-Entwicklung studieren, da die Berufschancen in diesem Bereich wesentlich besser seien, blieb sie ihrer großen Liebe treu und wurde Buchhalterin. Sie liebte Bücher ob der Geschichten und Märchen, die sie erzählten.
Wenn es draußen früher dunkel und im Zimmer kuschelig warm wurde, dann lag sie auf dem Sofa und las ihre Bücher, deren Geschichten im Schein der Stehlampe für sie lebendig wurden. Lesen konnte sie schon mit 5 Jahren und so bekam sie bereits mit 6 Jahren von ihrer Großmutter ein Buch geschenkt, das schon ihrem verstorbenen Großvater gehört hatte: "Nußknacker und Mausekönig" von E.T.A. Hoffmann. Zugegeben: die Metaphern überstiegen ihren damaligen Horizont. Doch die Geschichte fesselte sie von der ersten Seite an. Mit der Hauptperson des Buches, Marie, identifizierte sie sich sofort: ein phantasievolles Kind wie sie selbst, das im Kampf "Nussknacker gegen Mäuse" einer Schutzgöttin gleich auf der Seite der Geschundenen stand. Tina liebte das Buch und las es immer und immer wieder, wie der eine oder andere Kakaofleck noch heute bezeugt. Und mit jedem Lesen dieses Buches verachtete Tina Mäuse mehr. Ganz besonders zur Weihnachtszeit, in der die Mäuse zum Kampf gegen die Husarenarmee geblasen hatten, spürte sie ihre tiefe Verantwortung, Verpflichtung und Zuneigung zum Nussknacker.
Eines Jahres jedoch zur Weihnachtszeit träumte Tina, dass ihr Nussknacker dieses Jahr den Kampf verlieren würde, wenn sie ihm nicht zur Seite stünde! Geschockt von diesem traumatischen Erlebnis besorgte sie sich gleich am nächsten Tag die passende Uniform, bewaffnete sich und machte sich auf den Weg, um ihrem Nussknacker beiseite zu stehen...


Ein wahrer Lesegenuss!
Wir denken, genau so wird es gewesen sein.




2. Preis: Familie Sauer aus Landsberg
(Hauptgewinner vom letzten Jahr!)

Ihre Lösung:

"Täterin ist Tina Lehrbuch. Sie hatte keinen Grund, das Nußknackerkostüm zu besitzen. Das Rattengift hat sie im Umkreis ihres Wohnortes und im Zusammenhang mit ihrem Vorstellungsgespräch bei Herrn Stehse verbreitet.
Das Motiv ist wohl in ihrer Lektüre "Nußknacker und Mausekönig" und somit der Feindschaft zwischen Nußknacker und Mäusen zu suchen. Die Erklärung meiner Tochter: "Das Verhalten mancher Menschen ist einfach nicht rational nachzuvollziehen. Ich denke, sie ist paranoid und hat furchtbare Angst vor Mäusen."
Vielleicht identifiziert sie sich aber auch so stark mit dem Nußknacker, dass sie die Mäuse für eine Bedrohung hält? Oder sie erhofft sich, nach dem Sieg über die Mäuse auch in wunderschöner Gestalt zu erwachen? Dafür wäre es natürlich hilfreich, ihr momentanes Äußeres zu kennen ;-)... Vielleicht wünscht sie sich, am Limonadenstrom und Mandelmilchsee zu leben und scheut vor keinem Mittel zurück."


Freut mich sehr, dass ich zum Nachdenken anregen konnte!




3. Preis: Irina Spitznagel aus Saarbrücken

Ihre Lösung:

Eigentlich eine tragische Geschichte: Da hatte die arme Tina Lehrbuch endlich wieder einen Job in Aussicht, nachdem sie monatelang zu Hause an ihrem Computer versauert und zu einem totalen Nerd geworden war. Doch dummerweise hatte sie die Infos zum Vorstellungsgespräch auf ihrem alten Deutsch-Lehrbuch über den bösen Mausekönig notiert und in der Nacht vor dem Job-Interview vermischten sich der Inhalt des Märchens und der Name des potenziellen Arbeitgebers. Als sie diesen am Morgen las, tanzten die Buchstaben durcheinander und in ihrem Kopf ertönte der Satz: "NERD, TOETE DAS MAUSEOHR!" Immer wieder! Also ging sie nicht zum Vorstellungsgespräch, sondern begann damit, überall in der Innenstadt Giftköder auszulegen um so diesem Befehl zu gehorchen.

Mit den eigenen Waffen geschlagen... Herrlich!




4. Preis: Caroline Strack aus Mainz

Ihre Lösung:

Die arme Tina Lehrbuch leidet, seit sie in ihrer Kindheit von einem aufgebrachten Eichhörnchen attackiert wurde, an einer schrecklichen Eichhörnchenphobie. Gerade im Spätherbst, wenn die kleinen Kerlchen besonders eifrig am Nüsse sammeln sind, geht sie deswegen nur vor die Tür, wenn es unbedingt erforderlich ist.
Leider hat sie nun genau in der kritischen Zeit ein Vorstellungsgespräch. Die Gefahr, auf dem Weg dorthin auf ein Eichhörnchen zu treffen, bereitet ihr schaflose Nächte; allein die Vorstellung, vollkommen aufgelöst und angstschweißdurchtränkt bei ihrem zukünftigen Arbeit-geber einzutreffen... um das Risiko zumindest ein wenig zu minimieren, ist sie auf den Gedanken gekommen, möglichst viele der Risikofaktoren im Vorfeld auszuschalten und verteilt daher schon Wochen vorher als Nussknacker maskiert Giftköder...


Na, das nennen wir mal "gut vorbereitet ins Vorstellungs-gespräch'"!


Lösungen zum Nikolausrätsel

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Die geniale Antwort der beiden Hauptgewinner Philipp und Felix Clos hat Extraruhm verdient:


"Der Täter Manni mag Weihnachten nicht, weil er seit 80 Jahren nicht das vom Weihnachtsmann bekommen hat, was er sich wünscht: gestrickte Socken. In der Hoffnung im Sack des Weihnachtsmannes befindet sich ein Paar gestrickte Socken, überkam ihn die jahrelang aufgestaute Wut und er sah rudolf-nasen-rot! Plumps, das ging einfacher als gedacht. Doch der Sack war leer. Dann kann er das Beweisstück auch gleich beim VHS-Kurs entsorgen und nicht durch Verspätung auffällig werden. Unterschrift gesetzt, Alibi in der Tasche. Nur die Sehnsucht nach warmen Füßen bleibt bestehen. Dafür hat der Weihnachtsmann jetzt nasse Füße!!"



Ja, ja, mit gestrickten Socken kennen wir uns gut aus.
Vielen Dank für die schöne Geschichte!



Adventskalendermix

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Tiefenentspannte Vorweihnachtszeit



Eine entspannte Alternative zum Vorweihnachts-stress in der Krippe hat Martin Wanke gefunden:

'Yoga auf dem Küchentisch'

Original-Nonogramm aus dem Adventskalender:
'Krippe mit Weihnachtsstern'


Vielen Dank für den lustigen Beitrag und
beste Sonnengrüße an Martin!



© Katja Clos